Ortsunabhängig arbeiten: Als Digitaler Nomade um die Welt
Von Jessika Fichtel am 08/05/2017Die moderne Arbeitswelt befindet sich in einem starken Wandel. Während der klassische 9 to 5-Bürojob immer mehr in den Hintergrund rückt, sind die digitalen Nomaden auf dem Vormarsch. Ihre Mission: Dort arbeiten, wo es ihnen gefällt – fernab von gängigen Konventionen und Richtlinien. Ermöglicht wird diese Arbeitsweise, die auch als umfassender Lebensstil bezeichnet werden kann, von der Digitalisierung. Alles, was der digitale Nomade im Normalfall braucht, um zu arbeiten, sind ein Laptop, ein Smartphone und eine stabile Internetverbindung. Letzteres ist inzwischen auch an den entlegensten Orten der Welt zu finden.
Was ist ein Digitaler Nomade?
Der Begriff des digitalen Nomaden hat sich inzwischen in vielen Kreisen etabliert. Was genau darunter zu verstehen ist, ist jedoch längst nicht jedem klar. Digitale Nomaden sind Menschen, die aufbauend auf digitalen Technologien ihren Arbeitsalltag flexibel und vor allem ortsunabhängig gestalten können. Mit anderen Worten: Sie sind nicht an ein festes Büro gebunden, sondern können von überall und zu jeder Zeit arbeiten.
Anders als häufig vermutet wird, beschränkt sich das digitale Nomadentum längst nicht mehr nur auf Selbstständige. Zwar stellen diese den größten Teil der Internetnomaden dar, doch nutzen inzwischen auch immer mehr Angestellte dieses Arbeitsmodell, um beispielsweise Beruf und Privatleben besser in Einklang zu bringen.
Übrigens: Bereits 1964 ging der kanadische Medienwissenschaftler Marshall McLuhan davon aus, dass sich der Mensch im elektronischen – wir würden heute sagen: digitalen – Zeitalter zu einem „nomadischen Informationssammler“ entwickeln würde. Seine Zukunftsvision aus dem Werk „Understanding Media“ ist längst Realität geworden.
Wie wird man digitaler Nomade?
Die wohl wichtigste Voraussetzung für das digitale Nomadentum ist die Möglichkeit, ortsunabhängig zu arbeiten. Egal ob Sie sich selbstständig machen oder weiter im Angestelltenverhältnis arbeiten wollen – die berufliche Infrastruktur muss so ausgerichtet sein, dass niemand Ihre Präsenz an einem festen Arbeitsplatz verlangt. Es versteht sich von selbst, dass manche Berufe mehr für das digitale Nomadentum geeignet sind und andere weniger.
Berufe, die u.a. für digitale Nomaden geeignet sind:
- Grafikdesigner
- Informatiker
- Fotograf
- Texter / Blogger
- Coach (für Ernährung, Fitness, Lifestyle, Business, …)
- Übersetzer
- Social Media Manager
- virtueller Assistent
Berufe, die u.a. nicht für digitale Nomaden geeignet sind:
- Handwerker
- Verkäufer / Onlineshop-Betreiber
- Arzt
- Anwalt
- Personaldienstmitarbeiter
Ist die Grundlage für das digitale Nomadentum geschaffen, kann es im Grunde genommen auch schon losgehen. Je nachdem, in welches Land es Sie zieht, müssen Sie eventuell im Vorfeld noch Versicherungen anpassen beziehungsweise abschließen oder auch ein Arbeitsvisum beantragen. Die Community der digitalen Nomaden ist groß und sehr gut vernetzt. Wer Fragen hat, bekommt meist schnell Hilfe – entweder über das Internet oder auch direkt vor Ort.
Weitere Voraussetzungen
Neben dem geeigneten Beruf ist vor allen Dingen ein entsprechendes (digitales) Mindset notwendig. Digitale Nomaden wollen nicht nur einfach durch die Welt reisen. Sie leben die Freiheit, die ihnen gegeben wird und setzen das sehr traditionelle Thema Arbeit in einen völlig neuen Kontext. Die Internetnomaden haben begriffen, welche Möglichkeiten durch die Digitalisierung der Arbeitswelt entstanden sind. Wie kaum eine andere Gruppe ergreifen Sie die Chancen und nutzen sie individuell. Das Verständnis der modernen Technologien, die die Digitalisierung immer weiter vorantreiben, ist die Grundvoraussetzung hierfür.
Um als digitaler Nomade zu „überleben“, müssen Sie außerdem in der Lage sein, sich anzupassen – an unterschiedliche Orte und Kulturen, an neue Arbeitsbedingungen und mögliche Herausforderungen, die an jeder Ecke auf Sie warten können. Das ortsunabhängige und multilokale Leben ist zweifelsfrei ein Abenteuer, an das man sich unter Umständen erst einmal gewöhnen muss. Eine gute Portion Risikobereitschaft und Abenteuerlust können hier nicht schaden.
Beginnen Sie klein, indem Sie das digitale Nomadentum innerhalb Deutschlands ausprobieren. Wenn Sie Gefallen an diesem Arbeitsmodell finden, können Sie sich Schritt für Schritt an immer exotischere Ziele herantasten.
Wie sieht der Alltag der digitalen Nomaden aus?
Reisen und dabei „nebenbei“ ein bisschen arbeiten. Schreibtisch gegen Strandkorb eintauschen. Zwischen dem Surfunterricht und einem Cocktail schnell noch etwas Geld verdienen – in der Vorstellung vieler wird das Leben der digitalen Nomaden längst stark romantisiert. Dass das gängige Klischee des ortsunabhängigen Arbeitens längst nicht auf alle zutrifft, dürfte klar sein.
Grundsätzlich hat jeder digitaler Nomade die Möglichkeit, seinen Arbeitsalltag individuell zu gestalten. Es gibt nicht den einen richtigen Weg, sondern unzählige. Während die einen als early birds in den Tag starten und bis zum Mittag möglichst viele to do‘s erledigen wollen, lassen es andere gemütlicher angehen und arbeiten dafür vielleicht bis in die Nacht hinein. Wie genau sich der Rhythmus gestaltet, hängt auch immer stark von der Kommunikation mit Kunden, Kollegen und Partnern in Deutschland ab (Stichwort: Zeitverschiebung).
Entscheidend ist auch, dass sich im Laufe der Zeit eine feste Struktur etabliert. Es ist okay, in der Anfangszeit erst einmal die Vorzüge des digitalen Nomadentums zu genießen, doch sollte sich irgendwann das Bewusstsein einstellen, dass das südostasiatische Nomadenparadies Ihr (temporärer) Arbeitsplatz ist und Sie nicht dort sind, um Urlaub zu machen.
Wie wichtig Selbstdisziplin für ein Leben als digitaler Nomade ist, können Sie in diesem Artikel vom Blog I am digital nachlesen. Auf der gleichen Plattform finden Sie auch einen Beitrag, in dem „Ein Tag im Leben eines Digitalen Nomaden“ beschrieben wird. Spätestens nach dieser Lektüre dürfte klar sein, dass das digitale Nomadentum nicht mit dem Faulenzertum verwechselt werden darf.
Das kleine digitale Nomaden-ABC
Sie wollen sich gern noch intensiver mit dem Leben der Digitalnomaden befassen? Dann sollten Sie unbedingt diese Begriffe und deren Bedeutung kennen.
- AirBnB: Online-Plattform, über die weltweit Unterkünfte gemietet und auch vermietet werden können
- Backpacking: Digitale Nomaden reisen häufig als Backpacker, also mit einem großen Rucksack, in dem das nötigste verstaut wird (siehe auch Minimalismus)
- CoWorking Space: Orte mit Büro-Charakter, an denen unterschiedliche Menschen zusammenkommen, um gemeinsam zu arbeiten
- Freelancing: Auftragsarbeit für weltweite Kunden, für viele digitale Nomaden der erste Weg, Geld zu verdienen
- Geo-Arbitrage: die gezielte Nutzung unterschiedlicher Preisniveaus in unterschiedlichen Ländern.
- Homebase: der Ort, den man als sein aktuelles Zuhause bezeichnet, für viele digitale Nomaden ist Deutschland längst nicht mehr die Homebase
- Location-Independent Business: Geschäftsideen, die auf den Faktor der Ortsunabhängigkeit ausgerichtet sind, vorrangig Online Businesses
- Minimalismus: Weniger ist mehr – und zwar in allen Bereichen des digitalen Nomadentums
- Passives Einkommen: Möglichkeit, Geld zu verdienen, ohne dafür immer wieder aufs neue aktiv zu werden, beispielsweise durch Bücher, eBooks, Online-Seminare, Smartphone-App(s) etc.
- Tools: Hilfsmittel, die den digitalen Nomaden das papierlose Arbeiten ermöglichen, beispielsweise Scanner-Apps, Messenger, Backup-Services, Filesharing-Möglichkeiten, etc.
Ein Leben als digitaler Nomade ist für immer mehr Menschen reizvoll, denn es bietet unbegrenzte Möglichkeiten und jede Menge Freiräume zur persönlichen Entfaltung. Das Arbeiten als Internetnomade ist längst kein Trend mehr, sondern eine etablierte Ausprägung der Digitalisierung der Arbeitswelt. Fakt ist allerdings auch, dass nicht jeder für dieses Arbeitsmodell geeignet ist und man es erst einmal im kleinen Rahmen testen sollte, ehe man sich ins weltweite Abenteuer stürzt.