Der Job-Code: Was kryptische Formulierungen in der Stellenausschreibung bedeuten
Von Walter Brandl am 11/08/2016Sicher kennen Sie das: Sie sind auf Jobsuche und studieren unzählige Stellenausschreibungen. Während die einen relativ eindeutig sind, sorgen die anderen für Fragezeichen über Ihrem Kopf. Der Grund hierfür sind kryptische Formulierungen, die nicht sofort gedeutet werden können. Da, wo die Interpretationsmöglichkeiten weit auseinandergehen, besteht Aufklärungsbedarf. Wir verraten Ihnen in diesem Beitrag, was ein paar der gängigsten Formulierungen in Stellenausschreibungen bedeuten.
„Must Haves“ vs. „Nice to Haves“
Wenn Sie eine Stellenausschreibung lesen, sollten Sie zunächst einmal die einzelnen Informationen beziehungsweise Anforderungen kategorisieren – und zwar in das Lager der „Must Haves“ und das der „Nice to Haves“. Mit anderen Worten: Was muss ich laut Stellenausschreibung unbedingt mitbringen und was ist als „nette“ Zusatz-Qualifikation zu verstehen?
Was zunächst ganz einfach klingt, hat es ganz schön in sich – denn nicht immer ist auf den ersten Blick erkennbar, was gefordert wird und was nicht. Hier kommt auf sprachliches Feingefühl an. Must Haves und Nice to Haves können Sie beispielsweise an den folgenden Formulierungen erkennen:
Must Have-Qualifikationen:
- „Sie haben…“
- „Sie bewegen sich…“
- „Voraussetzung ist…“
- „Wir fordern…“
- „… sind/ist unverzichtbar/erforderlich.“
- „… setzen wir voraus.“
Nice to Have-Qualifikationen:
- „Wir würden uns freuen, wenn…“
- „… sind/ist wünschenswert.“
- „Idealerweise…“
- „Optimal ist es, wenn…“
- „… ist/sind von Vorteil.“
- „Es wäre schön, wenn…“
Grundsätzlich gilt: Je härter die Formulierung (Voraussetzung, unverzichtbar, erforderlich usw.), desto wichtiger ist die entsprechende Qualifikation. Weiche Formulierungen (freuen, wünschen, ideal usw.) weisen darauf hin, dass die Fähigkeit nicht zwingend erforderlich ist.
Und was ist mit „… runden Ihr Profil ab.“?
Zugegeben, diese Formulierung hat nicht nur einen tollen Klang, sondern kann auch zur Streitfrage werden. Handelt es sich hierbei nun um ein Must Have oder ein Nice to Have?
In der Regel liest man in Stellenausschreibungen Sätze wie „Teamfähigkeit, Flexibilität und ein freundliches Auftreten runden Ihr Profil ab.“ Nur selten werden ein abgeschlossenes Studium oder eine entsprechende Ausbildung als das „Sahnehäubchen“ auf Ihrem Bewerberprofil dargestellt. Diese Gegenüberstellung macht deutlich, dass es sich bei der Formulierung „… runden Ihr Profil ab.“ um ein Nice to Have handelt, das sich in der Regel auf die Soft Skills bezieht. Wenn Sie hier nicht zu 100 Prozent zur Stellenausschreibung passen, ist das kein Beinbruch – solang Sie bei allen anderen Anforderungen punkten können.
Die Besonderheiten der Soft Skills
Apropos Soft Skills: Die sogenannten weichen Fähigkeiten spielen eine immer größer werdende Rolle in Jobausschreibungen und werden dementsprechend häufig aufgeführt. Klassische Soft Skills sind unter anderem:
- Belastbarkeit
- Dynamik
- Flexibilität
- Menschenkenntnis
- Teamfähigkeit
- Kreativität
- Durchsetzungsvermögen
- Kritikfähigkeit
Wenn es an dieser Stelle um die weichen Fähigkeiten eines Bewerbers geht, müssen zwei konkrete Fragen angesprochen werden:
- Wie lassen sich Soft Skills nachweisen?
- Was kann alles zwischen den Zeilen gelesen werden?
1.Zu sagen, dass die typischen Soft Skills dehnbare Begriffe sind, ist vielleicht ein bisschen polemisch, aber ganz bestimmt auch nicht an den Haaren herbeigezogen. Wer kann schon sagen, wo Flexibilität anfängt und wo sie aufhört? Tatsächlich lassen sich Soft Skills auf den ersten Blick nur schwer nachweisen. Das bedeutet allerdings nicht, dass man sie auf die leichte Schulter nehmen sollte und eingeladen ist, ein bisschen zu mogeln. Im Laufe der beruflichen Praxis kommt durchaus ans Licht, ob Sie halten können, was Sie in Ihrer Bewerbung versprochen haben. Kleiner Tipp am Rande: Soft Skills sind nicht immer nur angeboren, sondern können auch erlernt werden.
2.Nahezu jedes Wort in einer Stellenausschreibung wird von den verantwortlichen Autoren mit Bedacht gewählt. Es lohnt sich daher, im Einzelfall etwas genauer hinzuschauen – insbesondere bei den Soft Skills. Was könnte es beispielsweise bedeuten, wenn Ihr zukünftiger Arbeitgeber Belastbarkeit von Ihnen erwartet? Richtig, der Job ist aller Wahrscheinlichkeit nach sehr anstrengend. Sie sollen unbedingt flexibel und anpassungsfähig sein? Das könnte wiederum bedeuten, dass Sie innerhalb des Unternehmens hin und her gereicht werden und unter Umständen auch immer wieder andere Arbeitszeiten und -orte haben. Es lohnt sich immer, auch zwischen den Zeilen einer Bewerbung zu lesen!
„Es erwartet Sie ein breites Aufgabenfeld.“
Natürlich wollen Unternehmen mit ihren Stellenausschreibungen möglichst viele Menschen erreichen. Es ist also nicht verwunderlich, dass hier viele Dinge besonders schön beschrieben und manchmal auch ausgeschmückt werden. Sie ahnen es wahrscheinlich schon: Hier gilt Vorsicht. Nicht jede Aussage, die vielversprechend klingt, ist es am Ende auch. Ein klassisches Beispiel hierfür ist die Formulierung „Es erwartet Sie ein breites Aufgabenfeld.“ Kombiniert mit Soft Skill-Anforderungen wie „Wir erwarten von Ihnen ein Höchstmaß an Flexibilität“ oder „Sie haben kein Problem, sich in neue Bereiche einzuarbeiten?“ ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Sie im neuen Job ziemlich viele (verschiedene) Aufgaben erwarten. Wer nicht gern das „Mädchen für alles“ sein will, sollte hier zweimal überlegen, ob es sich lohnt, eine Bewerbung zu verschicken.
Generell gilt im Hinblick auf Aufgaben(-felder): Je konkreter die Aussagen, desto hochwertiger ist die Stellenausschreibung. Als Bewerber haben Sie ein Recht darauf, genau zu erfahren, was Sie im potentiellen neuen Job erwartet. Unternehmen, die hier keine eindeutigen Aussagen machen, haben eventuell etwas zu verbergen.
Noch Fragen?
Egal, wie aufmerksam Sie ein Jobangebot studieren, eine bestimmte Aussage oder Anforderung will sich Ihnen einfach nicht erschließen? Dann scheuen Sie sich nicht davor, im Unternehmen anzurufen und nachzufragen. Wenn aus der Stellenausschreibung ein konkreter Ansprechpartner hervorgeht, können Sie gezielt nach diesem fragen. Ansonsten können Sie Ihr Anliegen am Telefon nennen und sich erkundigen, wer für diesen Bereich zuständig ist. Indem Sie sich informieren, offenbaren Sie nicht nur Interesse an der Stelle, sondern bringen sich auch gleich auf das Radar des Personalers. Das bedeutet jedoch nicht, dass Sie „einfach nur so“ und ohne Grund anrufen sollen. Wer nervt, bleibt zwar in Erinnerung, aber nicht in guter.